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Anton Hunger

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Über jeder Wahrheit schwebt ein letztes Vielleicht. (Theodor Wolff),,

Christian Wulff steht kurz vor einem umfassenden Freispruch und in diesem Buch kann man die ganze Peinlichkeit eines Präsidenten nachlesen, der nur auf eines nicht achtete: dass BILD niemals zeitlebens ein persönliches PR-Medium bleibt. Man fährt den Paternoster zusammen mit Herrn Diekmann gerne hoch, vergisst aber, dass man ganz sicher - und für dieses unsäglich Blatt umso lieber - wieder nach unten fährt. Anton Hunger gewährt uns einen kritischen Blick hinter alle Berufskritiker und lehrt uns, die der Hetze müh-selig Beladenen des täglichen Medienschwalls, wie man die Hintergründe aktuellen Medienverhaltens zu beurteilen hätte.

Das Motto des ganzen Buches ist es wert, auch hier genannt zu werden, es stammt von Elfriede Jelinik:
Moral ist eine Haltung,
die wir Leuten gegenüber
an den Tag legen,
die wir nicht leiden können.

„Christian Wulff musste den Irrtum (BILD nicht als eigene PR Abteilung sehen zu können) teuer bezahlen - mit seiner Demission, dem Totalverlust seiner Glaubwürdigkeit und der Lieferung einer Blaupause für die Medien, wie man feinstes Unterhaltungsprogramm inszeniert. Theater eben, klassische Tragödien in der Tradition von Homer, Shakespeare, Schiller und Goethe.“ (S 14) Ich kann dieser von mir ebenfalls geäußerten Einschätzung nur zustimmen. Man muss sich heute fragen, ob Journalisten wirklich noch Standpunkte vertreten, oder geäußerte Meinungen - der Wirtschaftsprofessoren z.B. - einfach nur abschreiben. Wo finden wir heute noch wirkliche Menschen-Journalisten, die über Gut und Böse, Recht oder Unrecht schreiben, es kennzeichnen können, klare ethische Normen haben? Ich kenne nur eine Seite: nachdenkseiten.de

Leider muss man Anton Hunger zustimmen: viele Journalisten (in USA weitaus stärker noch als hier) nähern sich fundamentalistischen Positionen, nur so scheinen die überwältigenden Mengen an Informationen, die jeden heute täglich übergießen, aushaltbar zu sein. „Fundamentalisten sind Zeitgenossen, die über die anderen aus einem Gefühl der Überlegenheit herfallen.“ (S. 19) Eine fehlbare Gesellschaft hat auch fehlbare Journalisten, nirgendwo kann man gesunden Skeptizismus besser ablesen als in den Kommentaren zu Online-Artikeln. Bereinigt um 50% wohl unvermeidbarer Beleidigungen stehen dort wirklich gute Statements, die eines sehr deutlich machen: Journalisten haben lange, viel zu lange die Leserbriefe vernachlässigt. Ja, Journalismus ist für mich heute im Grunde eine Art Gespräch, zu dem ein Artikel der Auftakt darstellt. Es ist dies der einzige Gedanke, den ich in diesem Buch vermisse, vielen Journalisten ist dies noch nicht wirklich klar, sie sind nur noch so gut, wie sie Fährten legen können und Fragen stellen: den Rest erledigen MItmacher und Leser online - aber nur wenn die Zeitung/Publikation wirklich gut gemacht ist und das cluetrain Manifest begriffen hat. Einen Hinweis auf dieses grundlegende Werk vermisse ich in dem Buch ebenfalls.

Erinnern Sie sich an den Fall Bögerl? Den Sparkassendirektor aus Heidenheim auf der Ostalb, dessen Frau entführt und umgebracht wurde. Anton Hunger analysiert die erbärmliche Rolle der Presse, die an vorderster Front mit Verdächtigungen, Lügen und Halbwahrheiten mitwirkte. 14 Monate musste Herr Bögerl unglaubliche Vorwürfe über sich ergehen lassen, bevor er seinem Leben ein Ende setzte. Nichts von den Latrinenschmierereien entsprach den Tatsachen, der Spiegel immerhin war in der Lage, in dieser und anderen Fällen Selbstkritik zu üben und an die eigene Adresse gerichtet anzumahnen, in Zukunft kritischer und zurückhaltender zu berichten. Menschenverachtende Gerüchte haben im Journalismus nichts zu suchen, er sollte vor allem auch ein Mittel sein, den Schwachen, Ausgegrenzten, Entrechteten zu helfen - und nicht umgekehrt.

Welcher Politiker lügt, wenn der eine das und der andere das Gegenteil sagt? Medien meiden - nur so kann jeder zu eigenen Meinungen kommen, selbst nachdenken lernen, nie war Wissen einfacher verfügbar, abseits aller glänzend verlogenen Zeitungen wie BILD oder anderen Hochglanznullen. Journalisten spielen heute zu sehr die Rolle von Mächtigen, sie sind Gewinnerzielungsmaschinen, mehr nicht. Anton Hunger stellt das sehr gut am Fall BILD dar, bei der noch das neurotische Verhalten des Chefredakteurs und Stellvertreters dazukommt. Unfassliche 605 Journalistenpreise werden jährlich vergeben, Herr Hunger selbst wurde 1995 PR-Manager des Jahres. Dieses Buch gewährt einen guten Blick hinter die Kulissen und manches habe ich hier nachgelesen, das mir nicht bekannt war (z.B. die Fahrstuhl-Nach-Unten-Fahrt des Olaf Henkel bei BILD).

Herr Hunger war selbst Journalist und PR-Chef bei Porsche, man merkt ihm die intime Kenntnis einer Branche an, bei deren Offenlegung er keine Blätter vor den Mund nimmt, schonungslos ehrlich blickt er auf Spin-Doktoren (also „Nachrichten-in-die-richtige-Richtung-Dreher"), beschreibt ihre Strategien und Maßnahmen auf Niveaulagen, die einem den Schweiß auf die Stirn treiben. „Das Mediengeschäft läuft nach diesem Muster ab, weil Journalisten Stoff brauchen. Sie sind wie Junkies: Die Joints machen süchtig.“ (S 157) Dabei werden Informationen immer weniger hinterfragt, die schnelle Aktion steht oft vor Fairness, die Attacke aus dem Hinterhalt vor dem aufrechten Vorgehen.

Wussten Sie, was zu den Aufgaben eines PR-Beraters gehört. Voilà: „PR-Kampagnen, Kontaktvermittlungen, Editors-Lunch, Mediencoaching, Frage- und Antwort-Übungen, Fotogesten, korrekte Sitzhaltung beim Interview und die Empfehlung, vor einer Rede oder einem Fernsehauftritt nur stilles Wasser zu trinken, damit man hinterher kein Bäuerchen machen muss.“ (S. 158) Das ist normales Geschäft, aber noch entscheidender heute sind Türen öffnen, Nebelkerzen werfen, Geschichten lancieren - also lügen, erfinden, Geschichten aus dem Nichts erstellen.

Vogelgrippe, Schweinegrippe - ich rate jedem in Zukunft, dahinter zunächst eine Medienkampagne zu sehen, bei der die Urheber zunächst verschleiert sind. Tatsächlich aber zieht irgendjemand den Nutzen aus einem Verkauf, sehr wahrscheinlich ist, dass überteuerte Spin-Doctoren wie Spreng oder Tiedje daran teilhaben oder die Fäden ziehen, nach Hunger Hexenmeister, Zauberer, die den in Not geratenen Mächtigen die Hand reichen, um Drähte glühen zu lassen und uralte menschliche Maßnahmen anzuzetteln: Korruption, Lügengeschichten und Umdrehungen der Wirklichkeit. Es geht darum, mit der Angst der Bevölkerung, mit Vorurteilen und Notlagen Geschäfte zu machen. Diese Schattemänner bleiben im Dunkel, normalerweise. Moritz Hunzinger hatte bei Scharping überdreht, jeder erkennt noch heute sein Beleidigtsein, dass ihm die Mächtigen den Stuhl vor die überzogene Ego-tür gestellt haben. Großspurigkeit ist in diesem Geschäft nicht angesagt.

Ein schockierendes Buch aus dem Inneren einer Branche, die immer stärker an der Nadel täglicher Sensationen hängt, bei immer geringerem Recherchegrad und nachlassender Seriosität. Ich würde es jedem empfehlen, der heute wissen will, wie Nachrichten enstehen und wie man diese realistischerweise einschätzten sollte.

8. April 2013
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Clu98 | Mar 17, 2023 |
Anton Hunger beschreibt menschliche Erlebnisse - im Beruf und in den Ferien:
vom langweiligen, entspannten Sitzen im Urlaubscafe am Meer zur Verleihung von Amt und Würden durch den Chef anlässlich einer Ehrung in Schottland.

4 herausgegriffene Beispiele von 10 Geschichten, die erkennen lassen, dass der Autor den Blick hinter Fassaden gelernt,
dass er Verständnis und Sinn für das Ungewöhnliche hinter dem Normalen hat. Nichts ist wie es ist: Worte sind oft nur Absichten, keine Tatsachen. Die Spannung kommt erst, wenn Gedanken "lesen" kann.

Unvergleichlich, wie er die Angst der Mitarbeiterin vor dem Nationalgericht der Schotten auf-fächert. Sie weiß, sie kommt nicht umhin, dieses Gericht zu essen, sie weiß, es kommen unweigerlich Probleme...und sie kommen. Ein furioses Ende mit schönsten Rachegedanken.

Große, lange Roman haben Leerstellen, die mit wehendem Sand gefüllt werden. Diese Kurzgeschichten handeln oft am Meer und bieten ein Mehr an Ideen, herausgegriffene Highlights aus längeren Erzählungen, die noch geschrieben werden könnten. Sie erlauben Fortsetzungen und ja, sie erinnern mich in positiver Hinsicht an die Businessgeschichten von Martin Suter,

Besonders gelungen der Trick, wie man das typisch deutsche Verhalten beim Liegenbelegen am Pool austricksen kann. Anton Hunger bringt immer wieder Buchempfehlungen ins Spiel, die ich in allen Büchern besonders schätze.

Gut fand ich die Eröffnung zur Kreuzfahrtgeschichte mit dem Hinweis auf Schrecklich amüsant - aber in Zukunft ohne mich, die dann aber bestätigt wird – mit einer Weinkennerin, deren Gespräche/Gedanken über den Rebensaft für mich ebenso zum Untergang des Abendlandes beitragen wie die ewig Schlüssel suchenden Frauen.

Dies mag für mich als Wein-un-liebhaber Schicksal sein, nichts ödet mich mehr an als Gespräche über Wein, die ich zu meinem eigenen Entsetzen viel zu oft führen musste. Wenig Dinge wären mir peinlicher als eine Flasche Wein für 500 Euro zu bestellen. Das Herabschauen der Protagonisten auf andere, des Weins nicht Kundige, ist unnötig. Lernen könnte man an Deck eines Kreuzfahrtschiffes in der Tat Geduld und Demut. Und die Tatsache, dass keine Flasche Wein 500 Euro wert ist. David Foster Wallace hat dies in einem anderen Buch gut ausgedrückt: Das hier ist Wasser / This is Water: Anstiftung zum Denken Zweisprachige Ausgabe (Engl. / Dt.).
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Clu98 | Mar 7, 2023 |

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17
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#654,391
Arvio (tähdet)
½ 3.5
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2
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